[4] Ergebnisse: Anforderungen

Kommunikation

Barrierefreie Kommunikation im Internet oder zumindest per Internet zu ermöglichen, ist alles andere als trivial. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um mehr geht, als nur Informationen zur Verfügung zu stellen. Ähnlich wie bei den technisch-gestalterischen Anforderungen unterscheiden sich die Bedürfnisse der drei betrachteten Gruppen an Kommunikation und Interaktion mit digitalen Mitteln sehr.

Unterschiedliche Bedürfnisse an Kommunikation

Menschen mit starker Sehbehinderung/Blindheit haben in der Regel keine spezifischen Anforderungen an Sprache und Kommunikation. Allerdings haben sie auch in der direkten Kommunkation Schwierigkeiten, wenn Informationen nur bildlich oder grafisch dargestellt werden. Ein „Sie sehen hier …“ verbunden mit dem Zeigen auf eine Präsentationsfolie oder den Bildschirm löst natürlich Frust aus. Erforderlich ist daher eine angemessene Vorbereitung sowie entsprechende Rücksichtnahme – die auch allen anderen Teilnehmenden zugute kommt.

Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen sind in der direkten Kommunikation, auch beispielsweise per Telefon, häufig beeinträchtigt und versuchen solche Kommunikationssituationen daher zu vermeiden. Stattdessen nutzen sie bevorzugt und intensiv digitale (schriftliche) Kommunikationsmöglichkeiten. Dabei legen sie Wert darauf, dass auch die Kommunikationspartner*innen sich schriftlich äußern bzw. mit der digitalen Technik umgehen können. Denn ein „Bitte rufen sie doch an, damit wir ihr Anliegen klären können“ hilft ihnen nicht weiter.

Online-Verfahren stellen daher für viele Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen die einzige Möglichkeit der Partizipation dar. Nur hier besteht für sie die Möglichkeit, sich mit Anderen, ihren Beiträgen und Argumenten auseinanderzusetzen. Erforderlich ist dafür die Möglichkeit, auch ausschließlich schriftlich kommunizieren zu können.

Verdolmetschung zwingend erforderlich

Schriftsprachkompetente Menschen mit Hörschädigung bevorzugen, ähnlich wie Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen, schriftliche digitale Kommunikationsmöglichkeiten. Zudem profitieren sie von qualitativ hochwertigen Untertiteln, wenn diese wirklich ein Verständnis ermöglichen (was häufig genug nicht der Fall ist). Die hier vor allem betrachtete Gruppe der tauben Gebärdensprachnutzenden stellt jedoch andere Anforderungen: Für sie sind Verdolmetschungen (mündlicher Kommunikation) bzw. Übersetzungen (von Texten) in Gebärdensprache zwingend erforderlich.

Zudem ist es für sie wichtig, dass sie selbst ihre Beiträge in Gebärdensprache einbringen können und auch verstanden werden.

  • Verdolmetschung („Voicen“: Gebärdensprache in gesprochene Sprache) und
  • Übersetzung (Gebärdensprache in Schriftsprache) sind auch hier erforderlich.

Dies kann nur durch den Einsatz entsprechend qualifizierter Gebärdensprachdolmetscherinnen, im besten Falle unter Einbeziehung tauber Dolmetscherinnen, sichergestellt werden.

Widersprüchliche Anforderungen an die Kommunikation

Betrachtet man die kommunikativen Anforderungen der drei Gruppen gemeinsam, so zeigt sich deutlich,dass die Anforderungen an Kommunikation sehr unterschiedlich, ja widersprüchlich sind:

Während Sehbehinderung/Blindheit eine Ansprache über das Hören erfordert, kommt bei Hörbehinderung/Taubheit nur das Sehen als Kommunikationskanal in Frage. Die Verwendung von Schriftsprache kommt zwar Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen sehr entgegen, ist aber für Gebärdensprachnutzende ein No-Go.

Erforderlich sind daher für digitale Partizipationsverfahren auf jeden Fall Möglichkeiten, über verschiedene Modi und Kanäle zu kommunizieren, schriftlich, mündlich und in Gebärdensprache.

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